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Erfahrungsbericht: Nebenberuflich Promovieren • mindandstudy

„Ich brauch dann mal neue Visitenkarten!“

Wie es war, neben meinem Vollzeitjob zu promovieren • ohne dass auf der Arbeit jemand davon wusste

Für alle, die es hier vielleicht noch nicht mitbekommen haben: ich bin von Haus aus Germanistin. Das hab ich fünf Jahre lang studiert, als solche wollte ich ursprünglich mal in einen Verlag gehen und als Lektorin arbeiten, vielleicht später mal ein Kinderbuch schreiben. Als Germanistin lese ich viele Bücher, träume mich stundenlang in Geschichten. (Mit manchen Figuren bin ich enger befreundet als mit Bekannten im richtigen Leben.) Ich sag’s mal so: ich hab das wirklich richtig gern studiert.

Als Germanistin wurde ich auch immer wieder nach meinen späteren Taxifahrer-Berufsabsichten gefragt. Und als Germanistin gehöre ich studienbedingt nicht gerade zu den künftigen Großverdienern. Daran ändert im Übrigen auch ein Doktortitel nichts, eher im Gegenteil: Ein promovierter Geisteswissenschaftler hat noch mal schlechtere Berufsaussichten in der freien Wirtschaft als einer mit (nur) einem Bachelor – denn der weist wenigstens echte Berufserfahrung auf.

Nicht zu unterschätzen: der finanzielle Aspekt einer Promotion

Deshalb war meine Entscheidung zur Promotion auch keine, die ich hinsichtlich des finanziellen Aspekts getroffen habe. Eher im Gegenteil: wenn ich mich für eine Promotion neben einem 25%-Job als wissenschaftliche Hilfskraft entschieden hätte, würde ich wohl immer noch mit einem 450€-Einkommen vor mich hinvegetieren. Von der Doktorurkunde allein kann ich nämlich auch nicht leben und in Zeiten wie diesen gibt es schon genügend arbeitslose Geisteswissenschaftler.

Das war auch einer der ausschlaggebenden Gründe, wieso ich mich dazu entschieden habe, meine Doktorarbeit neben meinem 40-Stunden-Vollzeitjob zu schreiben. Denn wenn man nicht gerade aus einer Akademikerfamilie kommt oder von der Bank- und Industrieelite dieser Republik abstammt, hat man manchmal eben keine andere Wahl, als sich auf seinen Hintern zu setzen und für sein Geld zu arbeiten.

Warum überhaupt promovieren?

Nicht, dass ich mir große Hoffnungen gemacht hätte, dass sich mit meinem Doktortitel mein Gehalt verdoppelt (und jetzt in der Krise schon gleich gar nicht). Ich hatte vor allem Spaß an meinem Thema und am wissenschaftlichen Arbeiten im Allgemeinen und ich bin grundsätzlich jemand, dem Abschiede schwerfallen. Das ging mir bei der Grundschule, beim Gymnasium und ja, auch jetzt nach der Uni so.

Mir hat das Unileben so sehr gefehlt, ich wollte es noch nicht gehen lassen – selbst wenn das bedeutet, eine Doktorarbeit schreiben zu müssen! Auch wenn das vielleicht nicht der beste Grund für eine Promotion ist, für mich hat er jedenfalls funktioniert. Ich hab die Promotion durchgezogen. Manchmal zähneknirschend, manchmal übermüdet, selten geradezu verzweifelt, aber letztendlich glücklich, die Erfahrung gemacht zu haben.

Es war nicht immer einfach, sich einem Thema so ausgiebig und streckenweise auch ausschließlich zu widmen, aber es hat sich gelohnt. Ich schreibe diesen Artikel nämlich mit Blick auf meine Doktorurkunde, die vor mir an der Wand hängt, als Erinnerung an das, was möglich ist, wenn man es nur wirklich will. Ich lächle, denke an all die Augenblicke, in denen ich die Promotion verflucht habe oder wieder mal ein Kapitel glücklich beendet habe, und konzentriere mich wieder aufs Schreiben dieses Artikels.

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Bewerben, arbeiten, promovieren – mein Rhythmus im Herbst 2018

Ich habe im August 2018 mit meiner Promotion gestartet – einfach mal so. Mein Freund und ich sind gerade von unserer mehrmonatigen Weltreise zurückgekommen und ich war damit beschäftigt, mich bei verschiedenen Verlagen um ein Volontariat zu bewerben. Spoiler: So was ist es am Ende nicht geworden. Grund: zu wenig Anerkennung, zu wenig Geld, zu wenig Chancen. Dafür, sagte ich mir, hab ich nicht fünf Jahre studiert, um dann 1200€ brutto zu verdienen ohne Aussicht darauf, am Ende meines zweijährigen Volos nicht übernommen zu werden. Obwohl ich immer fest mit einer Verlagskarriere gerechnet hatte, war ich mir auf einmal mehr wert.

Das kam, denke ich im Nachhinein, durch die Weltreise. Ich hatte Blut geleckt und wollte wieder reisen, wollte mir wieder Auszeiten leisten können und einen Arbeitgeber haben, der auf meine Wünsche Rücksicht nahm. Im Verlagswesen habe ich so etwas nicht gefunden. Ich hätte weder für Hobbys Zeit gehabt noch hätte ich mir Fernreisen überhaupt leisten können. Da musste es mehr geben, sagte ich mir und lehnte gleichzeitig ein paar schlechte Stellenangebote ab.

Da ich es mit der Jobsuche nicht wahnsinnig eilig hatte, nahm ich im August 2018, zwei Wochen nachdem wir in Frankfurt gelandet waren, meinen alten Nebenjob als wissenschaftliche Hilfskraft bei meiner Professorin wieder auf. Im Sommersemester war ich noch immatrikuliert, deshalb war das kein Problem. Gleichzeitig erneuerte meine Professorin ihr Angebot, bei ihr über das Thema meiner Masterarbeit zu promovieren und es zu einer Doktorarbeit auszubauen. Mir gefiel die Idee und ich nahm ihr Angebot an – würde ich eben erst mal als Hiwi arbeiten, für meine Arbeit recherchieren und mich nebenbei bewerben. Vielleicht kommt ja später was Passendes, dachte ich.

Als das Passende kam

So ging dann relativ stressfrei mein Sommer zu Ende und mit jedem Tag, der verging, merkte ich, dass mich meine Hiwi-Tätigkeit und meine Recherche nicht wirklich auslasteten. Ich wollte mehr sehen, noch mal woanders hinziehen, neue Arbeitserfahrungen machen. Ich wollte irgendwo noch einmal komplett von vorne anfangen. Die Doktorarbeit und das gewohnte Uni-Leben und -arbeiten reichten mir nicht mehr. Ja, gut, ich wollte die Uni noch nicht komplett verlassen, aber vollkommenen Stillstand wollte ich auch nicht. Ich wollte Herausforderungen, ich wollte unbekanntes Terrain erobern und ja verdammt, ich wollte endlich auch mal anständiges Geld verdienen.

Deshalb hab ich mich auch außerhalb meiner gewohnten Verlagswesen-Bubble beworben und mich nun nicht mehr auf Verlage oder Kultureinrichtungen konzentriert, sondern die Industrie in den Blick genommen – etwas, was meinem idealistischen Wesen bis dahin zutiefst unsympathisch erschien, auch wenn ich früher schon für Praktika und Werkstudentenjobs Ausnahmen gemacht habe.

Die Zusage nach meinem Bewerbungsgespräch bei einem Dienstleister für Informationsmanagement, der sich unter anderem auf technische Dokumentation spezialisiert hat, kam dann im Oktober 2018 doch recht unerwartet und für mich auch ein kleines bisschen beängstigend – trotz meines Wunsches nach einem Neustart. Aufgrund meiner geringen Erfahrung mit technischer Doku (nämlich gar keiner) und meinem geisteswissenschaftlichen Background hatte ich dann doch eher mit einer Standardabsage gerechnet als mit einer schnellen Zusage.

Doch die Neugier auf dieses neue Feld, das ich als Fränkin im, für mich bis dato fremdartigen und exotischen Norddeutschland erkunden sollte, war dann doch größer als meine Angst vor Veränderung. Ich nahm das Angebot also an und fing im Januar 2019 als technische Redakteurin an.

Die Doktorarbeit hab ich heimlich mitgenommen – als Hobby sozusagen

Nach meiner Kündigung als Hiwi und meiner Ankündigung bei meiner Professorin, dass ich die Doktorarbeit von nun an nebenberuflich verfolgen würde, hat sie mich – wie sie mir Monate später verraten hat – als Doktorandin bereits abgeschrieben. Aber aus irgendeinem Grund – vielleicht Stolz, vielleicht Neugierde, vielleicht aber auch einfach aus Trotz – wollte ich die Sache trotzdem durchziehen. Zu viel Arbeitskraft hatte ich in den letzten fünf Monaten bereits in die Recherche und Schreibarbeit gesteckt, als dass das Dokument nun auf meiner Festplatte für den Rest meines Lebens vor sich hin vegetiert.

Deshalb hab ich mich zu Beginn meines neuen Lebens in der Ferne – 500 km von zuhause entfernt – am Wochenende, wenn ich keinen Besuch bekam oder selbst nicht heimfuhr, hingesetzt und hab ich mich in mein Thema vertieft. Es hatte etwas Tröstendes und auch Vertrautes an sich, denn es war Terrain, auf dem ich mich bereits auskannte, im Gegensatz zu dem, das ich unter der Woche neu erkundete.

So verging Monat für Monat und die Doktorarbeit nahm immer erkennbarere Züge an, ein Kapitel nach dem anderen wurde fertig, bis ich das ganze Dokument endlich in all seiner Pracht lesen konnte. Ich investierte noch mal mehrere Monate ins Korrigieren und in ein professionelles Lektorat und gab die Arbeit ziemlich genau ein Jahr, nachdem ich meinen Vollzeitjob angefangen hatte, im Promotionsbüro ab. Ich will es nicht unterschlagen und hier noch mal ausdrücklich erwähnen: das war schon ein ziemlich geiles Gefühl :D

Es war phasenweise Stress pur und dann herrschte wieder Flaute

Nebenbei zu arbeiten und zu schreiben war für mich, die ich ja noch recht frisch aus dem Unialltag kam, nicht sehr ungewöhnlich. Ich hatte während meines ganzen Studiums durchgehend Nebenjobs, hab freiberuflich für einen Kinderbuchverlag gearbeitet, als Werkstudentin in der Industrie gejobbt oder als Hiwi die Professur für Neuere deutsche Literaturwissenschaft unterstützt. Daher war die Umstellung – parallel arbeiten und schreiben – nicht sonderlich groß, jedenfalls nicht so groß wie sie sich die meisten vorstellen, sondern sogar ziemlich normal. Wie bereits gesagt: es hat sich vertraut angefühlt und meinem Selbstbewusstsein auch gut getan, mich weiterhin mit einem Thema zu beschäftigen, mit dem sich – im Gegensatz zu meinen Aufgaben in der Arbeit – fast niemand so gut auskannte wie ich.

Die Zeit zum Schreiben habe ich mir meistens am Wochenende genommen: da ich fern von Familie und Freunden wohnte, war das gar nicht mal so schwer, eher im Gegenteil. Ich war so wenigstens beschäftigt und hatte eine Aufgabe. Manchmal habe ich sogar noch abends nach der Arbeit an der Dissertation weitergearbeitet, aber das kam nicht oft vor und die paar Male kann ich an meinen beiden Händen abzählen.

Meine Professorin hat mich währenddessen weiterbetreut und meine Fragen per Mail oder auch mal telefonisch beantwortet. Man muss nicht zwangsläufig am Lehrstuhl arbeiten, um eine Dissertation zu wuppen. Das Wichtigste ist selbstverantwortliches und diszipliniertes Arbeiten, wenn man nicht im Unibetrieb arbeitet und gleichzeitig promoviert. Meiner Note hat meine Arbeit jedenfalls nicht geschadet, auch wenn ich persönlich der Meinung bin, ich hätte noch ein bisschen mehr rausholen können, wenn ich mich voll und ganz auf die Dissertation konzentrieren hätte können. Aber irgendwann hatte ich nach der Arbeit auch einfach keinen Bock mehr. Und die Note auf einem Abschlusszeugnis guckt sich doch eigentlich eh niemand mehr an. Oder hat euch abseits von der Studierendenkanzlei beim Einschreiben in euren Studiengang schon viele Menschen nach Abi-, Bachelor- oder Masternote gefragt?!

Vorlagen

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Ach, und Chef? Ich brauche neue Visitenkarten, weil sich mein Name ändert. Aber: Heiraten werde ich nicht!

Eine spannende Frage, die mir viele stellen, ist, wie denn mein Arbeitgeber mit meiner nebenberuflichen Promotion umgegangen ist? Ganz kurz gesagt: gar nicht.

Ich habe es nämlich niemandem auf der Arbeit erzählt, auch meinem Chef oder meinen Kollegen nicht. Rechtlich gesehen ist eine Promotion nämlich kein Nebenjob oder nebenberufliche Beschäftigung (wenn du nicht weiterhin an der Uni angestellt bist) und ist daher dein Privatvergnügen, deshalb musste ich es meinem Arbeitgeber auch nicht sagen. Im Bewerbungsgespräch wollte ich es nicht sagen, in den ersten Tagen auch nicht und irgendwann hab ich den Zeitpunkt verpasst, zu sagen: „Ach und übrigens…“.

Im Nachhinein betrachtet würde ich es vermutlich auch genauso wiedermachen, denn die zwei Gründe, wegen der ich mich dafür entschieden hatte, es heimlich durchzuziehen, sind für mich nach wie vor relevant.

Einer der beiden Gründe ist: wenn ich es auf der Arbeit erzählt hätte, hätte man mich immer wieder nach dem Fortschritt meiner Dissertation gefragt und darauf hatte ich keine Lust. Ich wollte nicht dem Druck meiner KollegInnen ausgesetzt sein, es reichte mir die private Fragerei, wie weit ich denn bin und wann ich die Arbeit denn abgäbe. Außerdem wusste ich zu dem Zeitpunkt, als ich den Job antrat, noch nicht, ob ich es wirklich schaffe, neben meinem 40-Stunden-Job noch eine Doktorarbeit zu schreiben.

Ich wollte in den Augen meiner Kollegen und meines Chefs nicht scheitern und so hätte es sich angefühlt, wenn ich nach einem halben Jahr aufgegeben hätte, wenn ich mich hingesetzt hätte und offen hätte erklären müssen: es reicht, ich kann nicht mehr. Vielleicht bin ich auch einfach zu stolz. Lieber habe ich riskiert, dass mein Chef und meine Kollegen wütend werden oder mich ausschließen (was nicht passiert ist – im Gegenteil: alle haben ganz toll reagiert).

Der zweite Grund, wieso ich niemandem auf der Arbeit von der Promotion erzählt habe, ist, dass ich nicht wollte, dass man mir nur noch langweilige Aufgaben gibt oder Aufstiegschancen verweigert, weil ich ja (angeblich) zu sehr mit meiner Promotion ausgelastet bin. Ich arbeite im Projektgeschäft im Beratungsunternehmen und die coolen Projekte bekommt niemand, der nicht bereit ist, 150% zu geben. Und diesen Eindruck hätte ich sicher erweckt, wenn ich mich plötzlich gemeldet hätte und gesagt hätte: „Ups, also ich habs bisher vergessen zu erwähnen, dass ich übrigens nebenbei meine Doktorarbeit schreibe, aber ich hätte trotzdem bitte gerne diesen Neukunden mit dem Leuchtturmprojekt, danke.“

Dann lieber unbehelligt auf der Arbeit ein und aus gehen, keine (nervigen) Fragen beantworten und in Ruhe meine Doktorarbeit abschließen. Das hat für mich gut funktioniert und ich würde es wieder so machen. Vor allem, weil ich die tolle Reaktion meines Chefs noch in Erinnerung habe, der praktisch nie sprachlos ist und den ich dann doch mal für ein paar Sekunden ohne Worte erlebt habe, als ich mich ein paar Wochen vor der mündlichen Prüfung, der Disputatio, dazu entschieden habe, reinen Tisch zu machen.

Meine Learnings aus der berufsbegleitenden Promotion

Letztendlich kann ich die nebenberufliche Promotion also empfehlen – aber nur denjenigen, die auch abseits der Arbeit bereit sind, ein so komplexes und anstrengendes Projekt zu verfolgen, sich selbst zu motivieren und diszipliniert zu arbeiten. Ich will nichts beschönigen: es gab einige Tage, an denen ich prokrastiniert habe, um meine Akkus aufzuladen, an denen ich vor Erschöpfung auf dem Sofa mit dem Buch in der Hand eingeschlafen bin oder an denen ich vor Frust einfach mal geheult habe, weil nichts so funktioniert hat, wie ich mir das vorstellte.

Fakt ist für mich nun im Rückblick aber, dass das eben auch dazu gehört. Schreiben ist ein Prozess und nicht jeder Tag endet mit 10 neu geschriebenen Seiten, sondern auch einfach mal mit der Erkenntnis, dass ich heute auf keinen grünen Zweig komme. Das ist in Ordnung und man sollte sich nicht dafür verurteilen.

Ohne Tief kein Hoch

Die schlechten Tage sind die Tage, an denen man sich für die guten Tage ausruhen kann und sind genauso notwendig, vielleicht sogar noch wichtiger für den eigenen Schaffensprozess. Oder kannst du dich an all die erfolgreichen Schreibtage erinnern?

Ich bin mir sicher, auch dich haben die wenigen Male, in denen du vor Frust geheult oder geschrien hast, weitergebracht als all die befriedigenden Tage davor und danach. Zumindest sind es die Tage, die mir im Gedächtnis geblieben sind, eben weil ich an ihnen am Tiefpunkt angelangt bin und mich dann aber wieder aufgerafft habe.

Indem du "Nein" zu etwas sagst, sagst du "Ja" zu etwas anderem

Ein weiteres Learning, das ich aus meiner Promotion ziehe ist folgendes: Indem du „Nein“ zu etwas sagst, sagst du gleichzeitig „Ja“ zu etwas anderem. Das bedeutet in anderen Worten: indem ich zu meiner Promotion „Ja“ gesagt und mich dafür entschieden habe, das durchzuziehen – trotz all der zu erwarteten Hürden –, habe ich auch „Nein“ zu anderen Erfahrungen oder Hobbies gesagt.

Ich hätte während der Promotion zum Beispiel niemals diesen Blog aufsetzen können – auch wenn ich schon oft über einen eigenen Blog nachgedacht habe – weil mir schlichtweg die Zeit fehlte, mich mit Website-Gestaltung und Blogartikeln auseinanderzusetzen. Klar, vielleicht wäre es cool gewesen, wenn ihr mich auf meinem Weg live begleitet hätte.

Aber dann hätte ich vermutlich weder das eine (den Doktor) noch das andere (den Blog) erreicht. Die Dissertation hat mich gelehrt, dass es gut ist, sich nur auf eine Sache zu konzentrieren, so kann ich jetzt nämlich meine Energie in meinen Blog stecken. Man muss sich entscheiden, für was ist egal.

Better done than perfect

Und mein drittes und letztes Learning betrifft den in Bewerbungsgesprächen so oft zitierten Perfektionismus und ich halte es hier ganz mit Sheryl Sandberg, die diesen Spruch in ihrem viel gerühmten Ratgeber "Lean In. Frauen und der Wille zum Erfolg", zitiert: Better done than perfect.

Ja, es wäre super, wenn die Dissertation die Note summa cum laude erhalten hätte, wenn meine Arbeit ein Meilenstein in der historischen Medienforschung darstellen würde, wenn ich mit unzähligen Preisen überhäuft worden wäre. Fakt ist: Dass meine Arbeit erschienen ist, hat kein Schwein interessiert. Niemand hat sich bei mir gemeldet, keine Buchhandlung führt mein Buch, meine Arbeit würde ich objektiv betrachtet als „interessant, aber irrelevant“ betrachten.

Ich kann das mittlerweile ohne Zynismus schreiben, denn hey, ich weiß, dass ich keine Arbeit in der Krebsforschung geschrieben oder einen neuen Planeten entdeckt habe. Meine Doktorarbeit dreht sich um ein dutzend Filme, die heutzutage kein Mensch mehr sieht und wenn doch, dann von irgendwelchen Art Cineasten, die in einer rauchigen Kneipe einen Luchino-Visconti-Stammtisch abhalten (Visconti war ein herausragender italienischer Regisseur, der zu den Mitbegründern des italienischen Neorealismus zählt und... - hm, hab ich schon gesagt, dass ich ein Nerd bin?).

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Und das Ende vom Lied?

All das habe ich im Lauf meines Schreibens begriffen, denn, wann immer ich jemanden über das Thema meiner Dissertation informiert habe, habe ich einen Lacher geerntet. Das ist auch völlig in Ordnung, ich konnte in der Hinsicht schon immer gut über mich selbst lachen. Aber gleichzeitig hat mir dieses Desinteresse an meiner Forschung auch eine unheimliche Befreiung gegeben, denn wenn sich niemand dafür interessiert, kann mich auch niemand für etwaige Irrtümer oder Fehlinformationen verurteilen.

Diese Freiheit hat auch dazu geführt, dass ich meinen jahrelangen Perfektionismus ablegen konnte, denn wenn ich ihn immer noch hätte, wäre meine Arbeit heute noch nicht abgegeben. Perfektionismus ist kein Wegbereiter auf dem Weg zu Exzellenz, sondern der Verhinderer. Das habe ich allerdings erst im Lauf des Schreibens begriffen. Wenn ich immer nur nach dem besten Ausdruck, nach der tollsten Formulierung, nach der seriösesten Quelle suche, komme ich über den ersten Satz nicht hinaus.

Deshalb hab ich während des Schreibens nie an zukünftige Leser gedacht, sondern nur daran, ob ich es in dem Moment gut genug finde. Ist es gut genug für mich, habe ich weitergeschrieben. Gut genug für mich ist auch gut genug für jeden anderen, habe ich beschlossen. „Better done than perfect“ wurde so zu meinem Lebensmotto und das ist es bis heute geblieben.

Heute arbeite ich immer noch für meinen Arbeitgeber und habe eine neue E-Mail-Signatur, eine Doktorurkunde an der Wand hängen und einen neuen Personalausweis beantragt. Ansonsten hat sich nicht viel verändert: ich habe immer noch dieselben Freunde, dieselben Makel, dieselben Schwierigkeiten auf der Arbeit.

Es ist ein Irrtum zu glauben, dass ein akademischer Titel Probleme lösen oder dich als Mensch verändern kann. Im Grunde bin ich noch dieselbe Marina, die ich vor meiner Promotion war, nur dass ich jetzt diese beiden Buchstaben vor meinen Namen schreiben darf.

Aber eine Sache hat sich geändert: Ich weiß jetzt, was ich schaffen kann, wenn ich nur hart genug arbeite und fest genug daran glaube. Und diese Gewissheit, dass mir alles gelingt, was ich mir vornehme, ist mehr wert als alle akademische Anerkennung der Welt.


 
Hey!

Ich bin Marina!

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    Thorsten
30.04.2023, 11:07
Hallo Marina,

vielen Dank, dass du deine Erfahrungen so offen teilst. Für Menschen wie mich, die denselben Gedanken - also nebenberuflich zu promovieren - sind solche ehrlichen Erfahrungen Gold wert, im Bezug auf die finale Entscheidung ob und wann man seine Promotion neben dem Beruf anfangen sollte.

Weiterhin viel Glück und Erfolg im Leben! :)